Ratgeber

Entspannt besser leben
Stella Cornelius-Koch
Edition Forsbach, 2020
11 x 17 cm, 84 S., € 11,90
ISBN 978-3-95904-131-7

Einfach mal liegenbleiben

Hbsche Frau entspannt im Bett am Morgen - woman in bedJeden morgen früh aufstehen, sich (und eventuell die Kinder) fertig machen und dann zur Arbeit hetzen. Und auch nach Feierabend stehen noch Hausarbeit und tausend andere Verpflichtungen an – für die meisten von uns sieht so der Alltag aus. Kein Wunder, dass auch wir früher oder später „erledigt“ sind.
Allerdings entsteht Stress nicht nur dadurch, dass wir viel um die Ohren haben. Eine wichtige – meines Erachtens sogar entscheidende – Rolle spielt das Gefühl, keine Kontrolle über sein Tun und Handeln zu haben. Umso wichtiger ist es, sich zwischendurch mal von den Fesseln des Alltags zu lösen und eine Auszeit zu nehmen. Das Schöne: Dazu muss man jedoch nicht gleich ins nächste Reisebüro laufen und 3 Wochen Karibik buchen. Es geht auch einfacher. Wie, das beschreibt Andrea Paluch, Autorin beim Paradiso Magazin, in ihrem Gastbeitrag: Sie ist einfach mal liegen geblieben.

 

Andrea Paluch hat zahlreiche Bücher („Zwischen den Jahren“) und viele Jahre Kolumnen für Zeitungen geschrieben. Sie lebt zusammen mit Ehemann Robert Habeck (Umweltminister in Schleswig-Holstein) und den vier Söhnen an der dänischen Grenze. Bildquelle: Marcus Dewanger

Andrea Paluch hat zahlreiche Bücher („Zwischen den Jahren“) und viele Jahre Kolumnen für Zeitungen geschrieben. Sie lebt zusammen mit Ehemann Robert Habeck (Umweltminister in Schleswig-Holstein) und den vier Söhnen an der dänischen Grenze.
Bildquelle: Marcus Dewanger

Einfach mal liegenbleiben

Ein Plädoyer zur Entschleunigung

Einfach mal liegenbleiben macht Spaß. Keine Pflichten die rufen, keine unangenehmen Notwendigkeiten, einfach nur Zeit, da zu sein und nichts zu tun. Auch wenn bald der Rücken weh tut. Und ein Kaffee wäre beim Nichtstun auch ganz schön. Also doch aufstehen? Und sich vielleicht mit dem dampfenden Becher in die Sonne setzen? Das zählt metaphorisch immer noch als liegenbleiben, finde ich. Zeitung lesen auch. Danach wird mir langsam langweilig.
Keiner will was von mir, nichts, was getan werden muss. Wahlfreiheit. Das grenzt an Überforderung. Ich kann selber entscheiden, ob ich weiter „liegenbleibe“ oder irgendetwas anfange. Ich habe plötzlich alles vergessen, was ich schon immer mal machen wollte. Mir fallen nur Sachen ein, die eigentlich mal erledigt werden müssten. Ich glaube, ich brauche den Alltagsstress, um Sehnsüchte zu entwickeln. Wie zum Beispiel den Wunsch, einfach mal liegen zu bleiben. Gerade wünsche ich mir allerdings eher etwas, das ich jetzt gerne tun würde.
Gestern bin ich gerne aufgestanden. Da habe ich einer Freundin beim Streichen ihrer neuen Wohnung geholfen. Wir haben beim Malen den Tag verplaudert, gemeinsam geschwiegen oder Radio gehört und waren abends rechtschaffen müde. Es fühlte sich an wie liegenbleiben. Was also fange ich heute mit meiner geschenkten Zeit an? Natürlich das, was mir gut tut. Aber was ist das? Welche Bedingungen brauche ich, um zu entspannen und mich zu erholen? Richtig gut ist für mich zum Beispiel eine Tasse Kaffee in der Sonne, noch besser zwei Tassen Kaffee, optimal wäre keine Zeitbegrenzung. Es dauert so lange wie es dauert. Vielleicht ist das das Entscheidende. Nicht nichts zu tun, sondern terminfrei alles zu tun, was ich will. Keiner vorgegebenen Tagesstruktur zu folgen, sondern den Tag sich in seiner Eigendynamik entwickeln zu lassen. Nach dem Zufallsprinzip agieren und sich treiben lassen. Im Grunde frei sein. Frei zu entscheiden, was ich tue, frei zu erkennen, was mein Wohlfühlen einzwängt und was meine Präferenzen sind.
Der Moment, in dem ich einfach mal liegenbleibe, ist also das Ergebnis einer irgendwie vorgeschalteten Reaktionskette von Entscheidungen und Antrieb. Oder habe ich den Zusammenhang von Sich-selber-erkennen und Etwas-Bestimmtes-wollen nur gesehen, weil ich liegen geblieben bin? Weil ich Zeit hatte, darüber nachzudenken?
Alles hat seine Zeit, sagt man. Das stimmt. Ich glaube, die Momente des Frei-Seins gibt es jeden Tag. Je nachdem, was uns fesselt und uns dazu bringt, eigene Überlegungen anzustellen. Das Liegenbleiben verkörpert diese Freiheit und verpackt die Sehnsucht danach in ein sprechendes Bild.

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