Ratgeber

Entspannt besser leben
Stella Cornelius-Koch
Edition Forsbach, 2020
11 x 17 cm, 84 S., € 11,90
ISBN 978-3-95904-131-7

Vom Wert des Trödelns

Happy family lying on green grass. Children having fun outdoors in spring park

In den vergangenen Wochen kam mir immer wieder eine Szene aus meiner Kindheit in den Sinn: Ich lag in den Sommerferien vor unserem Haus im Gras, habe Kirschen gegessen und dabei den am Himmel ziehenden Wolken nachgeschaut. Einfach so. Nichts und niemand drängten mich, und ich schien endlos Zeit zu haben. Warum ich wohl immer wieder daran denken musste? Vermutlich, weil mir in den letzten Wochen die Zeit für solche Nichtstun-Momente fehlte.

Zugegeben: Trödeln ist in unserer Leistungsgesellschaft nicht angesagt. Alles muss immer schneller gehen. Bereits unsere Kinder halten wir ständig dazu an, nicht „herumzutrödeln“, sondern sich zu beeilen, damit sie ja nicht zu spät zur Schule und nach den Hausaufgaben zum Ballettunterricht oder zum Fußballtraining kommen. Dabei leben sie uns vor, dass es in der Freizeit wichtiger  sein kann, in Ruhe einen Käfer beim Krabbeln zu beobachten anstatt das Handy zum x-ten Mal auf neue E-Mails zu checken.

Berücksichtigen muss man natürlich auch, dass das Lebenstempo jedes Menschen individuell ist: Manche brauchen den Zeitdruck, um etwas zu schaffen, andere fühlen sich nur dann wohl, wenn sie es ruhig angehen lassen können (s. auch http://www.stress-abbauen-blog.de/das-eigene-lebenstempo-entdecken/). Außerdem gibt es Phasen, in denen uns Zeitdruck wenig ausmacht und solche, in denen uns alles zu viel wird und Drängeleien und Hektik nur noch mehr „stressen“. Das Gefühl zeigt es uns an.

Fakt ist: Auch „Powerfrauen“ und „-männer“ brauchen den Wechsel zwischen Anspannung und Entspannung, um fit und leistungsfähig zu bleiben. Und das muss nicht immer ein mehrwöchiger Urlaub sein (mal davon abgesehen, dass sich viele von uns im Urlaub ebenfalls Stress machen). Oft genügt schon ein schöner Konzertabend, ein langer Spaziergang, um die Zeit einmal ganz vergessen und abzuschalten. Oder wie die von mir sehr geschätzte Kinderbuchautorin Astrid Lindgren sagte: „… und dann muss man ja auch noch Zeit haben, einfach dazusitzen und von sich hin zu schauen.“ Warum gönnen wir uns also solche Momente nicht oder viel zu selten? Haben wir das Nichtstun etwa verlernt?

Wie dem auch sei: Es lohnt sich, das Trödelns wieder (oder neu) zu entdecken. Nachfolgend habe ich hierfür ein paar Tipps zusammengestellt:

Mut zur Langweile haben: Gönnen Sie Ihrem Gehirn einen (scheinbaren) Moment der Langeweile, um sich zu erholen. Nutzen Sie kurze Warte- oder Passivzeiten (z. B. während einer Busfahrt oder in der Arztpraxis), um Ihr Smartphone beiseite zu legen und Ihren Gedanken freien Lauf zu lassen. Und warum abends nicht einfach mal den Fernseher ausschalten, sich auf die Terrasse setzen und einfach nur den Sonnenuntergang genießen?

Hans-Guck-in-die-Luft: Zugegeben: Bei der Geschichte aus dem Struwwelpeter-Buch tappt Hans durch das In-die-Luft-Gucken von einem Unglück ins andere. Doch zwischendurch mal in den Himmel zu blicken ist ein Perspektivenwechsel par excellence. Durch den Blick nach oben kommt man auch mental aus einem Problem heraus, und Lösungen fallen oft leichter. Sie müssen dabei ja nicht gleich so über die Hauptstraße laufen.

Ritualisieren: Gönnen Sie sich ein tägliches kurzes Trödel-Ritual – eine kleine Auszeit nur für sich. Machen Sie einen kurzen Spaziergang, bei dem Sie zwischendurch einfach mal stehenbleiben und die Landschaft genießen. Oder: Machen Sie ein paar Yoga- oder Atemübungen. Oder: Lassen Sie sich beim abendlichen Waschen und Zähneputzen absichtlich etwas Zeit.

Bewusst genießen: Multitasking (s. auch http://www.stress-abbauen-blog.de/mythos-multitasking/) bringt nur auf den ersten Blick mehr. Denn unser Gehirn kann sich nur auf eine Sache wirklich konzentrieren. Letztendlich ist es also kontraproduktiv, wenn man neben dem Essen Zeitung liest, fernsieht oder WhatsApp-Nachrichten schreibt, denn: Sie können das Essen nicht richtig genießen und verlieren zudem leicht die Kontrolle über die Essensmenge. Sagen Sie sich: Wenn ich esse, dann esse ich …

Einfach mal die Uhr weglegen. Kinder tragen nicht gerne eine Armbanduhr (so ist zumindest meine Erfahrung). Kein Wunder: Sie möchten nicht gerne getaktet werden, sondern zeitlich frei sein. Machen Sie es Ihnen nach und legen Sie – wenn gerade keine Termine anstehen – öfter mal die Uhr zur Seite.

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