Ratgeber

Entspannt besser leben
Stella Cornelius-Koch
Edition Forsbach, 2020
11 x 17 cm, 84 S., € 11,90
ISBN 978-3-95904-131-7

Von wegen dumm gelaufen: „Unperfekt“ sein dürfen mindert Stress

Eine nicht gesicherte Datei auf dem PC, der Kratzer am Auto beim unvorsichtigen Einparken oder der verschüttete Kaffee auf dem Hemd direkt vor einer wichtigen Präsentation: Es gibt viele Situationen im Alltag, in denen man sich über sich selbst ärgert. Vor allem für die Perfektionisten unter uns ist es eine schmerzhafte Erfahrung, wenn einem ein Fehler passiert. „Hätte ich doch bloß besser aufgepasst!“ sagen sich viele und machen sich dabei noch mehr Stress.

Das ist an und für sich noch nicht schlimm. „Es ist für Menschen ganz natürlich, in manchen Bereichen wie dem Job perfekt sein zu sein. Schließlich ist es für einen Autor oder Chirurgen wichtig, keine Fehler zu machen“, sagt Gordon L. Flett, Professor für Psychologie an der kanadischen York University. Problematisch wird es jedoch immer dann, wenn man dies auf andere Bereiche des Lebens wie die Familie, Hobbys oder das Aussehen überträgt. Experten vermuten, dass die Ursache oft Erfahrungen aus der Kindheit sind. Wenn man schon als kleines Kind gelernt hat, dass man unfähig ist oder Fehler eine große Katastrophe bedeuten, ist man als Erwachsener bestrebt, möglichst alles perfekt zu machen.

Gesundheitliche Folgen

Perfektionisten sind nicht nur stress- und burnoutgefährdet, sondern haben auch ein erhöhtes Risiko für psychische Erkrankungen. So stehen die Folgen übertriebener Perfektion im Zusammenhang mit Depressionen, Süchten, Essstörungen und Zwangshandlungen. Dies wurde auch in einer australischen Untersuchung an der Curtin University of Technology in Perth deutlich. Die Psychologen hatten 252 Perfektionisten danach befragt, inwieweit sie Sätzen wie „Ich halte mich selbst für kontrolliert“ oder „Ich komme mit anderen Menschen gar nicht zurecht“ zustimmen würden. Je mehr sie derartige Aussagen bejahten, desto größer war auch ihr Risiko, an einer extremen Form von Perfektionismus zu leiden, die zu mentalen Gesundheitsproblemen führt.

Rechtzeitig Hilfe suchen

Das Schlimme ist: Obwohl Betroffene teilweise unter einem hohen Leidensdruck stehen, suchen sie nur selten Hilfe. Schließlich sind Tugenden wie Fleiß, Leistungsbereitschaft und Ehrgeiz in unserer Gesellschaft hoch angesehen. Wichtig zu wissen: Wenn der Perfektionismus den Alltag zu beherrschen beginnt, sollte man wegen der möglichen Folgen rechtzeitig psychologische Hilfe in Anspruch nehmen. Oft kann eine Verhaltenstherapie helfen. Die US-Familien- und Eheberaterin Alice Provost von der University of California in Davis bittet ihre Klienten beispielsweise, absichtlich nachlässig zu sein, indem sie rechtzeitig Feierabend machen, nicht zu früh zur Arbeit erscheinen, alle erlaubten Pausen nutzen und den Schreibtisch auch mal unaufgeräumt verlassen. Anschließend fragt sie die Betroffenen, ob sie hierfür unbestraft bleiben, ihr Unternehmen weiterhin besteht und sie jetzt glücklicher sind. Die meisten müssen überrascht zugeben, dass dies tatsächlich der Fall ist.

Folgende Tipps können helfen, nicht in die Perfektionismus-Falle zu tappen:

  • Nehmen Sie sich den Leitspruch zu Herzen: „Niemand ist perfekt – auch Sie nicht“. Freunden Sie sich mit Ihren vermeintlichen Schwächen an. Sie machen einen Menschen oft erst sympathisch.
  • Werden Sie sich bewusst, dass Perfektionismus auf Dauer nicht nur Ihrer Gesundheit schadet, sondern auch Ihrem Glück und Ihrer Zufriedenheit im Wege steht.
  • Üben Sie mit kleinen Dingen das „Unperfekt-sein“ – etwa, indem Sie den Toast zu dunkel werden lassen oder ein Kleidungsstück anziehen, das nicht hundertprozentig farblich zu Ihren Schuhen passt.

2 Antworten auf Von wegen dumm gelaufen: „Unperfekt“ sein dürfen mindert Stress

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